August, 2021
Wuppertal, 9. August 2021: Ob auf der Bäckerei-Tüte, der Shampoo-Flasche oder dem Bahn-Ticket: Viele Unternehmen versprechen ihren Kundinnen und Kunden, dass ihre Produkte und Dienstleistungen klimaneutral sind. Doch die Klimaziele der Firmen sind häufig nur schwer miteinander vergleichbar und mitunter auch für Konsumierende schwierig einzuordnen. Nicolas Kreibich, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut, betont: „Nur, wenn Neutralitätsziele transparent kommuniziert werden, sie vergleichbar sind und deren Einhaltung abgeschätzt werden kann, können sie Konsumierende dabei unterstützen, Klimaschutz-Aspekte stärker zu berücksichtigen. Andernfalls können Neutralitätsziele zu Entscheidungen führen, die sich negativ auf das Klima auswirken – etwa, wenn eine zu Unrecht als klimaneutral vermarktete Flugreise einer Bahnfahrt vorgezogen wird.“
Vor diesem Hintergrund stellt das Wuppertal Institut in seinem Zukunftsimpuls „Klimaneutralität in Unternehmen“ Empfehlungen für die Formulierung von Neutralitätszielen bereit. Die Autorinnen und Autoren sprechen sich unter anderem dafür aus, dass Neutralitätsziele auf einer robusten Datengrundlage entwickelt werden sollen und heben hervor, welche Anforderungen an eine transparente Kommunikation zu stellen sind. Sie verdeutlichen zudem, welche Rolle Offsetting – also der Ankauf von Klimaschutz-Zertifikaten und deren Anrechnung auf die eigenen Neutralitätsziele – spielen sollte.
Empfehlungen zum Offsetting
Da die wenigsten Unternehmen ihre gesamten Emissionen vollständig beziehungsweise kurz- bis mittelfristig eliminieren können, spielt die Finanzierung von Offsetting-Projekten nach Ansicht der Autorinnen und Autoren auch in Zukunft eine zentrale Rolle. Zu diesen Projekten gehört beispielsweise die Verbreitung von effizienten Kochherden in ländlichen Gebieten Afrikas. Solche Projekte tragen meist nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern haben auch weitere positive Nachhaltigkeitseffekte: Effiziente Herde verursachen weniger gesundheitsschädliche Gase als das Kochen über dem offenen Feuer und die Abholzung lässt sich ebenfalls reduzieren. Investitionen in derartige Projekte können entsprechend einen signifikanten Nachhaltigkeitseffekt erzielen.
„Für den Klimaschutz insgesamt ist angesichts des hohen Handlungsdrucks aber von zentraler Bedeutung, dass Offsetting-Maßnahmen eigene Klimaschutz-Anstrengungen der Unternehmen nicht ersetzen, sondern nur ergänzend und ausschließlich zum Ausgleich von Emissionen genutzt werden, die sich in den eigenen Prozessen nicht zeitgerecht reduzieren oder vermeiden lassen. Ziel muss außerdem sein, dass der Anteil der Emissionen, der über Offsetting-Projekte ausgeglichen wird, im Laufe der Zeit abnimmt“, macht Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, ergänzend deutlich.
Die von Unternehmen zur Kompensation genutzten Klimaschutz-Zertifikate sollten dem Gesichtspunkt der Zusätzlichkeit entsprechen. Daher sollten sie aus Projekten stammen, die ohne deren Vermarktung nicht durchgeführt worden wären und nachweisbar einen Klimaschutz-Effekt erzielen, der über die von den Staaten unter dem Pariser Klimaabkommen gemachten Zusagen hinausgeht. Nicolas Kreibich stellt klar: „Wenn Unternehmen ihre Klimaschutz-Ziele ausschließlich durch Offsetting erreichen oder die genutzten Klimaschutz-Zertifikate mangelhafter Qualität sind und im Fall unzureichender Regeln mehrfach genutzt werden, könnte dies die Glaubwürdigkeit des unternehmerischen Klimaschutzes nachhaltig beschädigen. Damit ginge nicht nur die positive Dynamik verloren, sondern es würden auch die vielen Unternehmen bestraft, die ernsthafte Klimaschutzmaßnahmen umsetzen.“