Oktober, 2021

Karliczek: Forschung zeigt erstmals konkrete Pfade zur Klimaneutralität Deutschlands auf

BMBF-gefördertes Kopernikus-Projekt Ariadne modelliert, mit welchen Technologien Deutschland klimaneutral werden kann

Eine neue Studie des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kopernikus-Projekts Ariadne hat analysiert, auf welchen Transformationspfaden die deutschen Klimaziele erreicht werden können. Das Besondere: Erstmals wurde hierfür ein umfassender Vergleich von Modellen und Szenarien vorgenommen. Dadurch ergibt sich ein gleichermaßen detailliertes und verlässliches Bild der Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045. Zentral ist demnach unter anderem die weitere Entwicklung von innovativen Klimaschutztechnologien. Die Studie nennt hier insbesondere Batteriespeicher und Wasserstofftechnologien, die Umstellung von Industrieprozessen auf Elektrizität und Wasserstoff, die flexible Steuerung von Energieangebot und -nachfrage sowie eine intelligente Vernetzung zwischen Energie-, Industrie-, Verkehrs- und Gebäudesektor. Zudem sollten Technologien und Strategien zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre vorbereitet werden.

Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:

„Die Bundesregierung hat sich im Klimaschutzgesetz 2020 ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2045 soll Deutschland vollständig klimaneutral sein. Schon bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 1990 um mindestens 65 Prozent sinken. Wir brauchen Orientierungswissen und Handlungsoptionen aus der Wissenschaft, um unsere Ziele zu erreichen. Die Studie des Kopernikus-Projekts Ariadne leistet dafür einen wertvollen Beitrag. Sie zeigt, wie Deutschland seine ambitionierten Klimaziele erreichen kann. Die Studie macht deutlich, dass wir ein breites Spektrum an Technologien brauchen, um alle Wirtschafts- und Lebensbereiche klimaneutral zu gestalten. Wir brauchen neue, klimafreundliche Prozesse in der Industrie, müssen Grünen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe als wettbewerbsfähige Energieträger etablieren und effiziente Technologien zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre vorbereiten. In all diesen Bereichen haben wir unsere technologieoffene Forschungsförderung zuletzt massiv ausgebaut. In den kommenden Jahren werden wir die Anstrengungen noch einmal verstärken.“

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Projektleiter und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) betont:

„Ziele zu setzen ist wichtig, doch es ist ebenso wichtig, konkrete Wege zum Ziel auszubuchstabieren. Klimaneutralität 2045 - das steht für eine gewaltige gemeinsame Kraftanstrengung, bei der über alle Sektoren hinweg die Emissionen unterm Strich auf Null gedrückt werden müssen. Das erfordert einen beispiellosen Strukturwandel, der uns alle betrifft - von der Energieerzeugung über unsere Industrie, den Verkehr, die Landwirtschaft bis zu unseren Gebäuden.“

Prof. Dr. Gunnar Luderer, Leit-Autor der Studie und Leiter der Energiesystemgruppe am PIK, ergänzt:

„Wir formulieren aus, was verschiedene Entscheidungen und Weichenstellungen für den Weg zur Klimaneutralität 2045 bedeuten. Erstmals legen wir mit dem Ariadne-Szenarienreport einen Modellvergleich vor, der insgesamt 10 Modelle integriert und sechs Szenarien durchrechnet. Dieser neue Ansatz erlaubt es uns, robuste Erkenntnisse zu Transformationspfaden, Spielräumen und Engpässen im Detail zu beschreiben“

Hintergrund:

Die Studie „Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045“[A1]  untersucht erstmals für Deutschland konkrete Transformationspfade zur Klimaneutralität 2045 auf der Basis eines umfassenden Modellvergleichs. Hierfür wurden insgesamt zehn Gesamtsystem- und Sektormodelle in einer Studie integriert, die sich in ihren jeweiligen Stärken ergänzen. Dieser breit gefächerte Ansatz ermöglicht es, die Auswirkungen und die zentralen Herausforderungen der Energiewende robust und detailliert zu beschreiben. Zudem werden die Vor- und Nachteile verschiedener Optionen deutlich. Die Studie wurde von über 50 Forscherinnen und Forschern aus 13 Instituten im Rahmen des Kopernikus-Projekts Ariadne erstellt. Die Szenarien sollen anschließend als Grundlage eines digitalen „Pathfinders“ dienen: Mit seiner Hilfe lassen sich Einflüsse verschiedener politischer Maßnahmen über ein Webtool modellieren.

Das Kopernikus-Projekt Ariadne zeigt Möglichkeiten auf, mit welchen Politik-Instrumenten sich die deutsche Energiewende erfolgreich gestalten lässt, um die Klimaziele zu erreichen. Dabei bezieht das Konsortium aus 24 Forschungseinrichtungen auch Ergebnisse der drei weiteren Kopernikus-Projekte ENSURE, P2X und SynErgie mit ein. Das Projekt wird im Zeitraum Juni 2020 bis Mai 2023 vom BMBF mit ca. 29 Millionen Euro gefördert.

Die Kopernikus-Projekte bilden mit einer Förderung von rund 400 Milionen Euro über zehn Jahre eine der größten deutschen Forschungsinitiativen zum Thema Energiewende. Seit 2016 bearbeiten insgesamt vier Projekte jeweils einen Schlüsselbaustein der Energiewende. Neben Ariadne sind das:

·         ENSURE: Technologien für das Stromnetz der Zukunft

·         P2X: Technologien zur Umwandlung von Strom in andere Energieträger

·         SynErgie: Technologien für die Industrie zur Anpassung der Stromnachfrage an das Angebot

Innovationen zu Grünem Wasserstoff bringt das BMBF mit dem Ideenwettbewerb „Wasserstoffrepublik Deutschland“ massiv voran. Drei industriegeführte Leitprojekte entwickeln Lösungen für die Serienfertigung von großskaligen Elektrolyseuren (H2Giga), die Erzeugung von Wasserstoff auf See (H2Mare) und für den Transport von Wasserstoff (TransHyDE). Diese Leitprojekte fördert das BMBF über vier Jahre mit rund 740 Millionen Euro. Gleichzeitig verstärkt das BMBF die Förderung der Grundlagenforschung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Projekte bereiten die nächste und die übernächste Technologiegeneration vor und liefern Antworten auf grundlegende Fragen der Wasserstoffwirtschaft. Die Grundlage für internationale Wasserstoff-Lieferketten legen Kooperationsprojekte beispielsweise mit Australien (HySupply, HyGATE) und afrikanischen Staaten (H2Atlas Africa).

Innovationen zur klimafreundlichen Industrie fördert das BMBF beispielsweise mit Carbon2Chem – einem Projekt, das CO2-Abgase der Stahlindustrie in Vorläufer für Kunst- und Kraftstoffe umwalndelt. Die Machbarkeitsstudie BeWiSe untersucht zudem, wie Grüner Wasserstoff Kohle in der Stahlindustrie ersetzen kann.

Die Erforschung der CO2-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) aus der Atmosphäre zur Erreichung von „negativen Emissionen“ hat das BMBF dieses Jahr mit zwei Förderrichtlinien vorangebracht. Im Herbst werden Forschungsprojekte der Maßnahme „Methoden zur Entnahme von atmosphärischem CO2“ starten. Ziel der Projekte ist es, die Grundlage für valide Entscheidungen zu Investitionen in die Entwicklung oder zur Regulierung eines Einsatzes von CO2-Entnahmemethoden zu entwickeln. Besonderer Fokus zur Bewertung der Machbarkeit von technikorientierten und naturbasierten CDR-Methoden liegt zudem auf ethischen und rechtlichen Aspekten sowie gesellschaflticher Akzeptanz der CDR-Methoden. Im August 2021 sind die Forschungsprojekte der BMBF-Forschungsmission „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung“ im Rahmen der Deutschen Allianz Meeresforschung gestartet. Die Projekte bilden die Grundlage für Untersuchungen der Bedeutung und der Potenziale der Ozeane für die Aufnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre. Diese anwendungsbezogene Forschungsmission soll der Politik und Gesellschaft konkretes Handlungswissen vermitteln und konkrete Umsetzungskonzepte hervorbringen. Insgesamt investiert das BMBF 47 Millionen Euro in die Erforschung von terrestrischen und marinen CDR-Methoden.


Quelle und weitere Informationen

Website BMBF