Juni 2023
In Deutschland gibt es rund 580.000 Sportboote, eine Million Kanus, 10.000 Motorsegler und Segelflugzeuge sowie 8.000 motorisierte Leichtflugzeuge, die vorrangig zu privaten Zwecken genutzt werden. Am Ende der Nutzungsdauer werden die Gegenstände jedoch bislang nicht sachgerecht recycelt, da etablierte Verfahren der Abfallwirtschaft meist ungeeignet sind und Kapazitäten für die notwendige individualisierte Aufbereitung fehlen.
„Im Bereich der Faserverbundwerkstoffe fehlen derzeit noch Konzepte zur Wiederaufbereitung. Wertstoffe gehen verloren. Mithilfe des digitalen Produktpasses können wir zu einem weitaus besseren Recycling dieser Stoffe kommen“, sagte UBA-Präsident Dirk Messner anlässlich der Veröffentlichung einer neuen Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes mit dem Titel „Digital Kreisläufe schließen am Beispiel des Recyclings von Sportbooten, Leichtflugzeugen sowie Bedarfsgegenständen aus Faserverbundwerkstoffen“.
Sportboote und Leichtflugzeuge sowie bestimmte Freizeitgeräte – wie Fahrräder, Skier und Musikinstrumente – enthalten Faserverbundwerkstoffe (FVW). Sie sind oftmals langlebig, werthaltig und als Abfälle prädestiniert für die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder das Recycling. Eine strukturierte Aufbereitung gelte jedoch derzeit noch als unwirtschaftlich und erfolge deshalb nicht, so das UBA in einer Mitteilung.
Was ist ein digitaler Produktpass?
Der digitale Produktpass könnte hier aus Sicht der Bundesbehörde Abhilfe schaffen. Als „digitalen Produktpass“ bezeichnet man einen Datensatz, der die Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen oder auch Informationen zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung für ein Produkt zusammenfasst. Die Daten stammen aus allen Phasen des Produktlebenszyklus und können in all diesen Phasen – also Design, Herstellung, Nutzung und Entsorgung – für verschiedene Zwecke genutzt werden. Die Strukturierung umweltrelevanter Daten in einem standardisierten, vergleichbaren Format ermögliche es allen Akteuren in der Wertschöpfungs- und Lieferkette, gemeinsam auf eine Kreislaufwirtschaft hinzuarbeiten, so das UBA.
Die Einführung eines solchen digitalen Produktpasses mit seinen individualisierten und für Reparatur, Wiederverwendung und Recycling zweckgerichteten Informationen könnte die Kreislaufwirtschaft fördern und Ressourcen schonen. Er könnte zudem die Herausforderung bewältigen, die vergleichsweise geringe Anzahl von gelegentlich anfallenden Altprodukten wenigen, aber hoch spezialisierten Demontageanlagen zuzuführen.
Generell liegt in der Digitalisierung aus Sicht des Umweltbundesamtes ein großes Potential für das Recycling. Neben der Bereitstellung von praktischen Informationen für den Betrieb, die Wartung und das Recycling erlaubt der Produktpass auch die Mengenstromerfassung und Stoffstromlenkung. Logistische Optimierungsaufgaben seien lösbar, Kommunikation über weite Strecken gelinge und systematische Netzwerkanalysen deckten Barrieren auf. Die Möglichkeiten für die Abfallwirtschaft seien bei Weitem noch nicht alle erschlossen, so das UBA.
Zum Download der Studie gelangen Sie hier