November 2019
Als einer der ersten Wissenschaftler Deutschlands erkannte Professor Reller, dass wir innovative Ansätze für einen nachhaltigen Umgang mit endlichen Ressourcen brauchen. Die Gründung des ersten bayerischen Lehrstuhls für Ressourcenstrategie in Augsburg im Jahr 2010 verdanken wir seinem Engagement. Das Bundesverdienstkreuz ehrt sein eindrucksvolles Lebenswerk!“, sagt Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber.
„Armin Reller hat sich mit seinen Forschungen zum nachhaltigen Umgang mit weltweiten Ressourcen weit über die Universität hinaus verdient gemacht“, sagt Universitätspräsidentin Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel. „Ich freue mich sehr, dass seine hervorragenden wissenschaftlichen Verdienste jetzt auf höchster nationaler Ebene gewürdigt werden“.
Ressourcen und Rohstoffe als zentrales Forschungsthema
Viele Hightech-Geräte werden immer leichter, immer kleiner und dabei dennoch leistungsfähiger und effizienter. Das Smartphone, das immer schmaler wird, bei stetig steigender Leistung, ist ein Beispiel, LEDs sind ein anderes. Aber betreten wir mit der digitalen Revolution ein ressourcenschonendes, modernes Zeitalter?
Der Chemiker Prof. Dr. Armin Reller hat frühzeitig erkannt, dass der Ressourcenverbrauch ein Aspekt ist, der sowohl bei der Produktion wie auch in der öffentlichen Debatte unbedingt mitgedacht werden muss. Denn absolut nimmt der Ressourcenverbrauch weltweit stetig zu. Bis zu den Forschungen von Reller und seinem Team war es in der Community der Umweltforscher kaum bekannt, dass immer mehr physikalische Elemente mobilisiert werden – das heißt gefördert, aufgereinigt und technisch eingesetzt. Insbesondere gilt dies für solche, die nur in kleinen Mengen in der Erdkruste vorkommen. Fast das gesamte Periodensystem der Elemente ist heute in Betrieb genommen. In den einzelnen Geräten, etwa in einem Smartphone, stecken rund 30 Metalle. Weil sie aber nur in kleinen Mengen verfügbar sind, kann man sie kaum recyclen. Sie werden weggeworfen. Damit sind die Stoffe verloren und verteilen sich zugleich in der Umwelt.
An seinem auf Initiative der Institute für Physik und Geographie geschaffenen Lehrstuhl Ressourcenstrategie, der 2009 am Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg angesiedelt wurde, haben Reller und sein interdisziplinäres Team sich als Pioniere mit der Frage befasst, ob es denn jene Rohstoffe, die für die Digitalisierung und auch für die Energiewende unerlässlich sind, überhaupt in hinreichendem Ausmaß gibt, sowie mit der Frage, wo und unter welchen Bedingungen, mit welchen Umweltfolgen diese Stoffe gefördert und wie sie recycelt werden. Für viele Hightech-Materialien konnte das Team in vielgelesenen und vielzitierten Studien nachweisen, dass bei ihrer Gewinnung und Nutzung Umweltprobleme großen Ausmaßes zu beobachten sind, die allererst zu beseitigen wären, wenn man von „grünen“, von „umweltfreundlichen“ Technologien reden will. Dabei entwickelten Reller und sein Team ein einflussreiches Konzept der Kritikalität, die ein Maß dafür ist, wie selten und umweltkritisch bestimmte Hightech-Rohstoffe eigentlich sind.
Interdisziplinär denken als Lebenselement
Um die Kritikalität eines Stoffes zu bestimmen, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Sie ist für Armin Reller ein Lebenselement. Deshalb arbeiteten in seinem Team Geographen und Geographinnen, Materialwissenschaftler, Chemiker und Chemikerinnen, Ökonomen, Umweltethiker und Umweltethikerinnen erfolgreich zusammen. Um mehr Interdisziplinarität an der Universität Augsburg zu ermöglichen, gründete er mit einigen Kolleginnen und Kollegen das Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg im Jahre 1999, das aktiv interdisziplinäre Kooperation im Umweltbereich fördert. Seit Gründung bis heute ist Armin Reller Vorstandssprecher des WZU. „Professor Reller lebt die Idee der Netzwerk-Universität, die für uns in Augsburg wichtig ist, in ganz besonderem Maße und zeigt, dass für die großen Fragen der heutigen Zeit interdisziplinäre Forschung eine Schlüsselrolle spielt“, meint Doering-Manteuffel.
Vielfältige Impulse
Zahlreiche Initiativen und Impulse der Umweltforschung gingen von Armin Reller aus, wie beispielsweise das interdisziplinäre Konzept der Stoffgeschichten, das sich in der gleichnamigen Buchreihe widerspiegelt, die er mit Dr. Jens Soentgen gemeinsam herausgibt. In der Reihe wird der Lebensweg gesellschaftlich wichtiger Substanzen erforscht und wichtige Ergänzungen zu eher quantitativen Ansätzen wie etwa dem Life-Cycle-Assessment gegeben.
Auch anderswo wurden neue Institutionen auf seine Anregung hin geschaffen: Die Fraunhofer Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie in Alzenau ist auf seine Initiative und seine Ideen zurückzuführen. Stets ging es ihm um den Dialog mit der Industrie, weshalb er auch mit dem World Environment Center (WEC) kooperierte, einem Zusammenschluss der Umweltdirektoren internationaler Unternehmen mit dem Ziel der Verbesserung der Nachhaltigkeit in Unternehmen. Das WEC war auf Rellers Initiative lange provisorisch am WZU angesiedelt, konnte sich dabei etablieren und unterhält heute ein Europabüro in Pasing.
Für einen nachhaltigeren Umgang mit Stoffen und Materialien hat Armin Reller wesentliche Impulse gesetzt, die nicht nur in Bayern weiterwirken. „Rellers Ansätze für die umweltwissenschaftliche Erforschung von Hightech-Materialien haben an der Universität Augsburg und international mehrere Generationen von Studierenden geprägt und inspiriert. Sie haben in der Politik, mit den bayerischen und bundesdeutschen, sowie den europäischen Ansätzen für eine Ressourcenstrategie kraftvoll und nachhaltig gewirkt“, ergänzt Doering-Manteuffel.
Kurzvita
Professor Armin Reller begann 1971 sein Chemiestudium an der Universität Zürich und promovierte 1981. Im Jahr 1992 habilitierte er an der Universität Zürich. Darauf folgte bis 1999 eine Professur an der Universität Hamburg und anschließend eine Professur an der Universität Augsburg. Parallel engagierte er sich schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Bereich Umwelt und Ressourcen und war einer der Pioniere, die sich mit der Entwicklung von "Ressourcenstrategien" auseinandergesetzt haben. Im Jahr 2010 übernahm er den im selben Jahr gegründeten Lehrstuhl für Ressourcenstrategie, den er bis 2019 innehatte.